<AUS MEINER HEIMAT>
- 4. November 1971 - Der bekannteste Gefängnisausbruch Österreichs: Drei zu langen Strafen verurteilte Insassen der Strafanstalt Stein bei Krems nehmen zwei Personen als Geiseln und machen sich auf die Flucht. Adolf Schandl bemächtigt sich gemeinsam mit seinen Haftgenossen Walter Schubirsch und Alfred Nejedly bei einer Einvernahme in Stein der Waffen ihrer Bewacher und nehmen eine Schriftführerin sowie eine Untersuchungsrichterin als Geiseln. Freiwillig lassen sich der Polizeichef von Krems und ein Untersuchungsrichter gegen die beiden Frauen austauschen. Mit den Männern als Geiseln verlassen die drei Täter in einem Auto die Strafanstalt. Mit wechselnden Geiseln fahren sie im Raum der Bundeshauptstadt herum, ehe sich Schubirsch und Nejedly am 6. November - total erschöpft - in Wien-Donaustadt ergeben. Schandl, der sich am Tag zuvor von seinen Komplizen getrennt hat, wird erst am 20. November in Wien-Hernals gefasst. (APA)
„Kumm’ außa, i bin’s, dei Präsident“
„I bins, dein Präsident“: 40 Jahre danach
Der Ausbruch aus dem Gefängnis Krems-Stein am 4. November 1971 schrieb Geschichte. Den drei Schwerverbrechern Walter S., Alfred N. und Adolf S. gelang es, zwei Justizwachebeamte zu überwältigen. Sie nahmen einen Richteranwärter und eine Schriftführerin als Geiseln und forderten in einem Brief freies Geleit, Kleidung und 100.000 Schilling in kleinen Scheinen.
Der damalige Kommandant der Stadtpolizei Krems, Herbert Howanietz, stellte sich im Austausch für die junge Frau als Geisel zur Verfügung. „Ich lasse mich mit Handschellen fesseln. Das wurde akzeptiert und wir sind Richtung Wien.“
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Es folgte ein wilde Flucht durch die nächtliche Großstadt. Howanietz hatte stets eine Pistole gegen den Kopf gerichtet. „Angst hatte ich nie, da gehe ich nicht hinein. Ich konnte die Entwicklung nicht ahnen. Das habe ich gewusst: Das Kommando im Fahrzeug habe ich, die Ruhe habe ich bis zum letzten Moment.“
„Dann hab ich ihm die Pistole angehalten“
Howanietz gelang es zwar, die Ausbrecher zu beruhigen. Er schaffte es aber nicht, sie zur Aufgabe zu bewegen. Es folgten viele Verhandlungen, ständige Wechsel der Fluchtautos und neue Geiselnahmen über mehrere Tage. Alfred N. erinnert sich: „Er hat gefragt, wer fährt. ‚Ich‘, habe ich gesagt. Dann hat er sich entrüstet und gesagt, ich habe keinen Führerschein. Dann hab ich ihm die Pistole angehalten und gesagt, ich habe auch keinen Waffenschein.“
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„Walter, komm ausse, i bins, dein Präsident“
Walter S. und Alfred N. wurden am dritten Tag nach dem Ausbruch in einem Haus in der Wiener Siebenbürgerstraße zur Aufgabe überredet. Damals soll der legendäre Ausspruch von Joschi Holaubek gefallen sein. „Walter, komm’ ausse, i bins, dei Präsident“, sagt Howanietz. „I bins, da Präsident", nicht ‚dein‘, das hat die Presse daraus gemacht“, sagt Alfred N.
14 Tage später wurde Adolf S. in Hernals ausgeforscht und festgenommen. Er versuchte in den 1990er Jahren einen weiteren Ausbruch mit Geiselnahme und sitzt seither bis 2027 in Haft. Herbert Howanietz wird den 4. November 1971 nie vergessen. „Meine Frau hat im November Geburtstag. Wir wollten in ein Orgelkonzert gehen. Ich hab sie angerufen und gesagt, es kann vielleicht etwas später werden, wenn ich nach Hause komme.“